Auf dem Caminho Português / Camino Portugués
Durch die Regiâo Norte, Caminho Portugues
1: Lissabon
2: Portugal - Regiâo Centro
3: Portugal - Regiâo Norte
4: Galicien
Die Ungarin hatte geplant, die letzten zwei Etappen bis Porto den Zug zu nehmen, da sie Ende August nach Lissabon fahren muss und von dort nach Budapest zurückkehrt mit dem Flugzeug. Hätte sonst zu wenige Tage Zeit, um zum Schluss von Santiago auch nach Finisterre zu wandern. Wir schließen uns an, da die letzten Etappen nur an der Hauptverkehrsstraße entlang führen. - Der eine spanische Pilger meint, das wäre Betrug, den Weg so abzukürzen - Zuerst zu Fuß nach Oliveira, dann müssen wir in Espinho umsteigen. Ein Ort direkt am Meer und mit Sandstrand. Die Gelegenheit nutzen wir ausgiebig zum Schwimmen und Sonnenbaden. Danach mit dem Zug weiter nach Porto.
In Porto scheinen alle Herbergen ausgebucht zu sein und fast alle Pensionen. Wir teilen uns zu dritt ein winziges Zimmer - ich mit dem Italiener ein Doppelbett, die Ungarin bekommt ein Einzelbett.
Viel Schlaf bekommen wir nicht - nachdem die letzten Nachtschwärmer etwas ruhiger geworden sind, beginnt vor Tagesanbruch das laute Gekreische unzähliger Möven.
Nach einer Stadtbesichtigung sehen wir, dass es Abends Menü mit Fado-Livemusik gibt, versprechen uns davon viel. Das Hauptgericht - sollte eine regionale Spezialität sein - fällt dann eher miserabel aus, eine Art Suppe mit Reis und ein paar Stücken Tintenfisch. Die Livemusik sollte eigentlich schon eine Stunde früher beginnen.. auf mehrfache Nachfrage tauchen irgendwann dann doch noch zwei Portugiesen mit Gitarre auf und ein etwas älterer und molliger Portugiese, der jetzt versucht zu singen. Alle drei machen einen völlig demotivierten Eindruck, der Sänger mit beiden Händen in den Hosentaschen. Recht bald flüchten wir an den Pier für einen Joint. Da das Menü noch nicht beendet ist, gehen wir irgendwann wieder zurück, jetzt sehen wir einen anderer Sänger, ebenso mit den Händen in den Hosentaschen. Alle Musiker ziehen beim Musizieren lange Gesichter. Als wir uns kurz unterhalten, kommt der erste Sänger und meint „Fado is silence“, geht zurück zu einem anderen Tisch, macht Fotos mit Blitz und redet laut mit anderen.
Die Schmerzgrenze ist überschritten und bis jetzt hatten wir nach jedem Lied aus Höflichkeit geklatscht, ab jetzt jedoch nicht mehr. Die musikalische Folter zieht sich noch einige Zeit hin. Wir entscheiden uns, auf die Nachspeise zu verzichten, versuchen einen Rabatt herauszuhandeln - bekommen wir nicht - und flüchten. Auf dem Rückweg zur Unterkunft kommen wir noch an einem Straßenfest mit Live-Rockmusik vorbei, ziemlich gut und es baut den Frust wieder ab. Mit dem Italiener schaue ich noch in ein paar Diskotheken von Porto an, während die Ungarin sich schon in die Herberge zurückzieht.
Mit dem Zug geht es nach Braga, dort weiter mit dem Bus zu einer Sehenswürdigkeit „Bom Jesus“, einem auf einer Anhöhe gelegenen und künstlerisch-religiös gestalteten Park mit Kirche. Hier fahren wir mit einer Bergbahn, die noch nicht mit Elektrizität angetrieben wird, sondern mit Wasser - zwei gegenläufige Bahnen, bei einem Stopp wird ein Wassercontainer in der oberen Bahn gefüllt, diese wird dadurch schwerer als die untere Bahn.
Die Stadt selbst hat zwar ein paar Sehenswürdigkeiten, ist aber sonst nicht so attraktiv vom Stadtbild mit vielen neuen Gebäuden und mit wenig Grün.
Abends besichtigen wir noch eine Bodega - hier wird der berühmte Port-Wein hergestellt. Dabei handelt es sich im Prinzip nur um Traubensaft, der mit Schnaps gemischt wird. Je länger das Gemisch gelagert wird, umso teurer wird es.
Der Italiener und ich sind momentan zu zweit unterwegs, da die Ungarin die Camino-Variante an der Küste wandert. Das Kloster in dem abgelegenen Dorf Vairâo war lange Zeit unbewohnt, erst einen Monat zuvor wurde es nach ein paar Renovierungsarbeiten als Pilgerherberge eröffnet. Hier treffen wir einige neue Pilger, können mit ihnen jedoch nicht so viel anfangen - sie sind entweder religiös, als Familie unterwegs oder wenig kontaktfreudig. Nur mit drei Amerikanerinnen, die vermutlich 60 Jahre oder älter sind und einiges an Wein konsumieren, können wir uns zusammen etwas amüsieren.
Die Etappe ist wenig abwechslungsreich, ab und zu treffen wir die Amerikanerinnen wieder. wir kommen durch den Ort Pedra Furada. Die Sehenswürdigkeit ist - wie der portugiesische Name schon sagt - ein Stein mit einem Loch in der Mitte.
Barcelos ist quasi die Wiege von Portugal. Die Stadtmauern, Ruinen und die Kirche sieht man schon von weitem, bevor man den Fluss überquert. Hier wurde der Gockel zum nationalen Symbol Portugals. Dazu existiert eine Legende von einem zur Hinrichtung mit dem Galgen verurteilten und einem Brathähnchen, das wiederaufersteht und kräht. Die Geschichte kommt mir irgendwie bekannt vor.. fast identisch mit der Legende von Santo Domingo de la Calcada in Spanien.
In Barcelos hatten wir noch zwei deutsche Pilgerinnen kennengelernt, die aber in der umgekehrten Richtung unterwegs sind. Und zwei Italiener, die wir unterwegs wiedersehen und mit denen wir nach Ponte de Lima wandern.
Die erzählen, dass sie aus religiösen Gründen nach Fátima gepilgert waren und nun weiter nach Santiago unterwegs sind. Beide sind gleich alt - einer, der etwas molliger ist, erzählt, er wäre der Patenonkel des anderen Italieners. Pilgern scheint bei denen vor allem daraus zu bestehen, unterwegs Obst aus den Gärten zu klauen, etwas davon zu probieren und dann wegzuwerfen - in Santiago werden dem Gläubigen alle Sünden vergeben.. die Gelegenheit wollen die wohl noch ausnützen.
Der etwas dicklichere findet unterwegs in einem Dorf eine kleine Katze, die er gleich mitnimmt. Zuerst meint er, könnte er diese bis nach Santiago mitnehmen, später gibt es dann aber Probleme, da in der Herberge keine Tiere erlaubt sind. Nach einigen Überlegungen, wie man das Problem lösen konnte, hilft ein portugiesischer Pilger dabei, einen Platz für die Katze zu organisieren. Später abends kommt eine Dame aus dem Ort, die sich um herrenlose Tiere kümmert, um die Katze abzuholen.
Abends treffen wir die ungarische Pilgerin wieder, die auf dem Camino de Costa einige andere Pilgerinnen kennengelernt und mitgebracht hat - darunter auch einige deutsche.
Nachts sehe ich die beiden religiösen Italiener etwas inniger zusammen im gleichen Bett liegen..
Aus der ersehnten Nachtruhe wird nicht viel - 20 Schlafplätze zusammen in einem Raum. Es macht den Eindruck, als hätten sich die lautesten Schnarcher des Camino hier für ein Konzert zusammengefunden.
Die Etappe ist die bisher einzige, die lange Zeit über Trampelpfade durch das Gebirge führt, mit einem längeren Anstieg und durch eine felsige Landschaft. Die Art von Wanderwegen gefällt mir am meisten. Unserer Wandergruppe hat sich noch eine Pilgerin angeschlossen, die aus der Umgebung von Augsburg kommt, zur Zeit in Wien studiert und uns sehr amüsant findet.
In Valença laufen wir durch eine stark ausgebaute Festung, zum großen Teil mittelalterlich. Aber auch mit Kanonen aus der Neuzeit ausgestattet, um über viele Jahrhunderte das portugiesische Territorium zu verteidigen.
Dann abwärts und über eine Brücke, mit der wir die Grenze nach Spanien überqueren.
Wir kommen in Tui an, einer Festungsstadt, um das spanische Territorium zu verteidigen. Selbst die antike Kathedrale in Tui ist wie eine Burg ausgebaut, mit Zinnen und Schießscharten. Ein sehr individueller Stil.
Den Nachmittag verbringen wir dann am Strand des Grenzflusses mit Schwimmen und Sonnenbaden.